DEM KAPITALISMUS FEHLT DIE ORIENTIERUNG

Die Marktwirtschaft und zunehmend auch die parlamentarische Demokratie befinden sich in einer Legitimationskrise.

Laut einer Umfrage für den Deutschen Bankenverband vom November 2010 waren nur 48% der Deutschen der Auffassung, die deutsche Wirtschaftsordnung der « Sozialen Marktwirtschaft » habe sich bewährt. 71% der Befragten glauben, es gehe in unserer Gesellschaft sozial « eher ungerecht » zu.

Die globale Finanzkrise, die dramatische Staatsverschuldung stellen das Vertrauen in die sozialen Errungenschaften in Frage. Die Rente ist nicht mehr sicher, das Gesundheitssystem ist längst an seine Grenzen gestoßen und in der Bildung entscheidet der Geldbeutel der Eltern mehr als Talent und Fleiß über den zukünftigen Status der Kinder. Zwar gibt es wieder mehr Arbeit, aber die ist oft so schlecht bezahlt, dass die Familie davon nicht ernährt werden kann.

Aber nicht nur die sozial Schwachen klagen darüber. Kritik und Misstrauen sind fast noch stärker in den Mittelschichten verbreitet. Dort herrscht der Eindruck, dass Leistung sich nicht mehr lohnt, dass man als ehrlicher Arbeiter oder sozial verantwortlicher Unternehmer zwar den Mehrwert in Wirtschaft und Gesellschaft produziert, aber dass eine allgegenwärtige Bürokratie, Finanzspekulanten und Sozialparasiten davon profitieren.

Sind an all dem « die Wirtschaft », « der Markt » oder « die Finanzmärkte » schuld? Oder liegt der Misserfolg nicht in erster Linie an der Unfähigkeit der Politik, für die globalisierte Wirtschaft einen gerechten Ordnungsrahmen zu schaffen? In der oben erwähnten Umfrage glauben 81% der Befragten, die politischen Führungskräfte würden ihre Aufgaben „nicht korrekt erfüllen“, und 74% hätten zu den politischen Parteien « wenig » oder « kein » Vertrauen. Heute verbreitet sich spürbar Verachtung gegenüber Regierung und Parlament.

Was sind die Gründe für diese Entwicklungen? Solange hinter dem « Eisernen Vorhang » der « real existierende Sozialismus » wohnte, mussten sich Demokratie und Kapitalismus anstrengen und im Systemwettbewerb des Kalten Krieges immer wieder beweisen, dass sie für die breite Mehrheit der Menschen mehr persönliche Freiheit, Gerechtigkeit und Aufstiegschancen ermöglichen. Das ursprüngliche Konzept der „Sozialen Marktwirtschaft“ Ludwig Erhards war eigentlich nichts Anderes als die Antwort auf den scheinbaren Widerspruch zwischen dem Freiheitsgedanken des Kapitalismus und der Gleichheit, die sich der Kommunismus auf die roten Fahnen schrieb. Durch eine Freiheit mit Verantwortungsgefühl und einen klaren Ordnungsrahmen sollte „Wohlstand für alle“ garantiert werden.

Nach dem Sieg von Demokratie und Markt über die kommunistische Diktatur wurde vergessen, dass es vor allem die Gerechtigkeit ist, welche die liberale Ordnung rechtfertigt. Die Marktwirtschaft legte zu wenig Wert auf ihre soziale Dimension und wurde stattdessen Sklave der schnellstmöglichen Gewinnmaximierung. Plötzlich prägten Neid und Geldgier große Teile des wirtschaftlichen Lebens. Dabei entstanden Blasen und Spekulationen. Viele Bürger fragen heute, wer im 21. Jahrhundert regiert: die vom Volk gewählte Regierung oder die großen Fonds in Wall Street?

Ein ähnlicher Vertrauensverlust lässt sich gegenüber der demokratischen Praxis feststellen. Es sind nicht mehr die großen Prinzipien, die das Handeln vieler Politiker bestimmen, sondern die möglichst schnelle Maximierung der Wählerstimmen. Dabei wird oft die Ideologie in den Hintergrund gestellt. Heute läuft die Politik vor allem den Trends hinterher. Wir leben in einer Demokratie der Stimmung und der Emotionen, im Herrschaftssystem der Meinungsumfragen. Der Wähler hält aber nichts davon. Stattdessen sehnen sich die Menschen nach Orientierung und Klarheit.

Natürlich hat die Linke mit ihrer fundamentalen Systemkritik Unrecht. Es bleibt bei Karl Poppers großer Weisheit: « Jeder Versuch, den Himmel auf Erden zu schaffen, produziert stets die Hölle. » Dennoch bleibt das Thema ernst. Die Legitimation von Demokratie und Marktwirtschaft muss wiederhergestellt werden. Wir müssen die Herzen der Menschen für unsere Ordnung zurückgewinnen.

Um dies zu erreichen, muss die Demokratie zurück zu « alten » Werten. Damit ist Mut zu Entscheidungen, Verlässlichkeit und Ehrlichkeit gemeint. Man erwartet von einem Politiker, auch an etwas festzuhalten, wenn ihm der Wind ins Gesicht bläst. Verachtung findet dagegen der vor allem auf die eigene Karriere bedachte Nullrisiko-Politprofi, auch wenn dieser vielleicht der bessere Redner ist. Dazu passt die Mahnung von Papst Benedikt XVI. bei seiner Rede im Deutschen Bundestag, der eigentliche Grund für die Arbeit eines Politikers dürfe « nicht der Erfolg und schon gar nicht materieller Gewinn », sondern müsse die Gerechtigkeit sein.

Nach einem Artikel von Friedbert PFLÜGER, Cicero, 28.09.2011

I. VERSION (sur 20 points)

Traduire le titre, le sous-titre et les paragraphes 2 et 3, depuis : « Die globale Finanzkrise, die dramatische Staatsverschuldung stellen das Vertrauen … » jusqu’à : « … Bürokratie, Finanzspekulanten und Sozialparasiten davon profitieren. »

II. QUESTIONS (sur 40 points)

1. Question de compréhension du texte

Wie analysiert der Autor die heutige Krise der Marktwirtschaft? (100 mots + ou – 10% * ; sur 10 points)

2. Question de compréhension du texte

Wie könnte die soziale Marktwirtschaft ihre Legitimität zurückgewinnen? (100 mots + ou – 10% * ; sur 10 points)

3. Question d ’expression personnelle

Welche Macht hat – Ihrer Meinung nach – heutzutage die vom Volk gewählte Regierung in einer Demokratie?
(300 mots + ou – 10% * ; sur 20 points)

* Le non-respect de ces normes sera sanctionné. (Indiquer le nombre de mots sur la copie après chaque question.)

III. THÈME (sur 20 points)

Henry Kissinger, l’ancien secrétaire d’État américain, aurait été content : l’Europe a enfin un numéro de téléphone, celui de la chancellerie allemande. Par son poids en Europe et la bonne santé de son économie, l’Allemagne pourrait en effet maintenant imposer ses vues.

Qu’Angela Merkel ne soit pas euro-enthousiaste est un fait. C’est à Bayreuth ou en Autriche qu’elle passe ses vacances, rarement au bord de la Méditerranée. Elle n’a pas non plus chez elle d’adolescent qui ne jure que par Erasmus. Même si elle n’est pas une Européenne de cœur, cette physicienne est une Européenne de raison.

De fait, tous les arguments plaident en faveur de l’euro : l’histoire, l’économie, la politique, et surtout la démographie. Lorsque la République fédérale a été créée, 20 % de la population mondiale était européenne. Aujourd’hui, seulement 7 %. Pour influer demain sur la scène internationale, l’Allemagne, qui va bientôt devenir un pays de personnes âgées, n’a d’autre choix que de miser sur l’Europe.

D’après un article de Frédéric LEMAÎTRE , « Le Monde », le 03/12/2011*

*Ces références ne sont pas à traduire.