IENA 2007

ALLEMAND LV 1

DER MOZART DER VERMARKTUNG

[In Wien wagt ein erfolgreicher Zeitschriftenmacher das Unmögliche: Während alle von Tageszeitungen in der Krise reden, gründet er eine neue.

Man weiß nicht, ob es nur ein Mangel an Ideen war, Größenwahn oder einfach pures Genie, als Wolfgang Fellner sich entschloss, seine Zeitung wie sein Land zu nennen, nämlich „Österreich“. Er ließ sogar an die Fassade des Redaktionsgebäudes ein riesiges Plakat aufhängen, auf dem steht: „Hier entsteht das neue Österreich“.

Tageszeitungskrise? Nie gehört! Wochentags sollen 250 000 Exemplare und sonntags sogar 600 000 gedruckt werden. Das ist enorm für das kleine Österreich, das nur ein Zehntel so viele Einwohner hat wie Deutschland. Zwei Jahre lang hat Fellner das Projekt vorbereitet. Er hat es tatsächlich geschafft, 50 Millionen Euro dafür zu finden und noch einmal 20 Millionen für neue Druckmaschinen. Außerdem hat er den Konkurrenten dutzendweise Journalisten weggekauft.]

Bevor auch nur ein Mensch seine neue Zeitung gelesen hat, verbreitet er Erfolgsmeldungen: schon 50 000 Abonnenten und 5000 Seiten Anzeigen. „Österreich wartet auf Österreich“ hat er auf Plakate schreiben lassen. Und er hofft, dass das auch stimmt. Das Redaktionskonzept hat er von der „Sun“ in London abgeschaut. Der Redaktionsraum sei der größte in Kontinentaleuropa, meint Fellners Sprecherin, die vor ein paar Monaten noch bei McDonald’s arbeitete. In einem transparenten, lärmreduzierten und nikotinfreien Gebäude soll die Zeitung entstehen, die Fellner dann an die „neue Mediengeneration“ verkaufen kann, und natürlich an die Werbeindustrie. Er hofft, Anzeigen von Kunden zu bekommen, die bisher Tageszeitungen gemieden haben: Markenhersteller, Kosmetikfirmen… Extra für sie – und auch ein bisschen für die Leser – gibt es Lifestyle-Seiten im neuen Blatt, die nicht auf banalem Zeitungs- sondern auf Hochglanzpapier gedruckt werden. Das macht die anderen Magazinverlage ganz nervös, weil sie teure Anzeigen verlieren werden.

Fellner bringt seit Jahrzehnten die österreichische Medienlandschaft durcheinander. Sogar seine Gegner müssen zugeben, dass er genial ist: Mit 14 Jahren gründete er in Salzburg ein Jugendmagazin, das er sechs Jahre später in ganz Österreich verkaufte, und damit hatte er bei der Jugend des Landes einen Riesenerfolg. Umstritten war Fellner jedoch, als er 1992 „News“ herausbrachte, eine Mischung aus Prominenten-News und Politik. So etwas gab es bis dahin nicht. Über Nacht hatte er einen neuen Markt geschaffen. In Österreich dominierte er den Magazinmarkt, erfand auch noch „TV Media“ und „Woman“. Seit „News“ traut man ihm alles zu. Fellner ist ein Mozart der Vermarktung, er hat bisher immer Erfolg gehabt, wenn er einen neuen Markt besetzt hat.

Mit seinem neuen Konzept will er Magazin und Tageszeitung miteinander kombinieren. Das Blatt soll alles auf einmal sein, und das jeden Tag: Tageszeitung, aber auch Nachrichtenmagazin, Politik-Erklärer, Prominenten- und Frauenblatt, Modeheft, Sportzeitschrift. Es ist klar, dass man auch in Österreich nicht von heute auf morgen Hunderttausende neue Leser gewinnt, indem man besonders kluge Kommentare zur Regierungspolitik schreibt. Deshalb wird es auch viel „Boulevard“ geben. Aber sein „tägliches Nachrichtenmagazin im Stil einer Tageszeitung“ will sich nicht an eine „unterschichtige“ Leserschaft wenden wie z. B. die deutsche „Bild-Zeitung“, sondern an eine Generation, die viel gebildeter, viel anspruchsvoller und zugleich viel lockerer sei. Das sind Leute, die jeden Tag Geschichten und Bilder in Magazinqualität verlangen. „Diese Generation“, sagt Fellner, „trennt Boulevard und elitären Journalismus nicht mehr“.

Ob „Österreich“ ein Erfolg werden kann, kommt auf die Leser an, und in Österreich liest fast jeder zweite die „Kronen-Zeitung“, eine konservative, heimatbetonte Volkszeitung. Dass der Leser da einen ordentlichen Überblick über die Nachrichten bekommt, scheint eher zweitrangig. Hans Dichand, der Herausgeber der „Kronen-Zeitung“, sieht in Fellners Projekt keine Gefahr. Was Fellner vorhabe, könne woanders funktionieren, in Österreich jedoch nicht. Und er meint, es wäre ein Fehler, an seiner erfolgreichen Zeitung irgendetwas zu ändern. Für Fellner ist diese Zeitung das alte Österreich, und er will das „Neue“ sein.

Wie wird aber die deutsche Presselandschaft reagieren, wenn „Österreich“ Erfolg hat … ?

Nach einem Artikel von Markus BRAUCK,
Der SPIEGEL Nr. 34 / 21.08.2006

I. VERSION (sur 20 points)

Traduire le titre, le sous-titre et les deux premiers paragraphes, depuis : „In Wien wagt ein erfolgreicher Zeitschriftenmacher das Unmögliche …“ jusqu’à : „… Außerdem hat er den Konkurrenten dutzendweise Journalisten weggekauft.“

II. QUESTIONS (sur 40 points)

1. Question de compréhension du texte

Was ist das Konzept der Zeitung „Österreich“?
(100 mots + ou – 10% ; sur 10 points)

2. Question de compréhension du texte

Inwiefern kann man Wolfgang Fellner „ein Genie der Presselandschaft in Österreich“ nennen? Wie reagiert die Konkurrenz auf seine letzte Idee?
(100 mots + ou – 10% ; sur 10 points)

3. Question d’expression personnelle

In Frankreich stecken die Qualitätszeitungen (z. B. « Le Figaro, Libération, Le Monde … ») in der Krise, während die kostenlosen Blätter (« Metro, 20 minutes … » und die Boulevard-Presse einen Boom erleben … Wie lässt sich dieser Kontrast erklären? Wie stehen Sie zu dieser Entwicklung?
(300 mots + ou -10% ; sur 20 points)

Le non-respect de ces normes sera sanctionné. (Indiquer le nombre de mots sur la copie après chaque question)

III. THÈME (sur 20 points)

Il ne faut pas avoir peur de la mondialisation. Elle ne signifie pas que toutes les entreprises industrielles occidentales doivent licencier pour survivre. Lorsque notre production a été attaquée par les Japonais, nous avons entre autres réagi en inventant la montre Swatch.

Il y a chez nous des talents et un culte du beau produit qui n’existent nulle part ailleurs. Mais aujourd’hui j’ai peur de la tendance des Européens à la paresse. Beaucoup de Français ou d’Allemands ont perdu le goût du travail, comme si Dieu devait garantir éternellement notre aisance et notre niveau de vie uniquement parce que nous vivons en Europe.

Si vous vous dites : « Je veux travailler trente heures par semaine, avoir deux voitures, une jolie maison, passer deux mois au bord de la mer … », alors, effectivement, il faut avoir peur de la Chine. Quand j’entends les débats sur le temps de travail, j’ai le sentiment que beaucoup voient le travail comme quelque chose de malsain.

d’après des propos de Nicolas HAYEK, (créateur de la montre Swatch et de la Smart), recueillis par Romain GUBERT, « Le Point », N° 1779 / 19.10.2006 *

* (Ces références ne sont pas à traduire)