Sujet Allemand LV1 IENA 2008

Sag mir, wo du wohnst, dann weiß ich, wer du bist!

R. Meysenburg ist Immobilienexperte und läuft gerade durch das „Generalsviertel“ in Hamburg. Noch vor zehn Jahren war dieser Stadtteil für Leute wie ihn ziemlich uninteressant. „Früher lebten hier viele Arbeiter und Ausländer, die Häuser waren heruntergekommen“, sagt Meysenburg. Heute geht er vorbei an renovierten Fassaden und freut sich: „Restaurierung bedeutet Wertsteigerung, weil das Haus verschönert wird“, erklärt er. Die Wohnungen werden saniert, dann werden sie verkauft, am Ende leben in dem Viertel andere Leute. Die Ausländer ziehen weg, Galerien und Weingeschäfte ziehen ein. Heute wohnen hier viele Ingenieure, Ärzte, Architekten…

Meysenburg unterstreicht die hohe Zahl der Akademiker in diesem Viertel: „Hier fühlen sie sich wohl, denn anders als in anderen Stadtteilen haben sie hier keine Alkoholiker als Nachbarn, keine Arbeitslosen, keine Ausländer, die kein Deutsch sprechen.“

Als Arbeit noch kein Problem war und Arbeiter noch einen sicheren Lohn hatten, in sozial anerkannten Berufen, da verband der gemeinsame Tagesablauf die Arbeiter mit den Akademikern. Man ging morgens zur Arbeit und kam abends heim. Und oft waren die Einkommen gar nicht so unterschiedlich. Mit dem Verlust der Arbeit teilen sich die Leben, die Probleme und die Wohnviertel. Die Qualität des Viertels werde immer wichtiger, sagt Meysenburg, vor allem für Leute, die Kinder haben: „Wer will die Bank vor dem Sandkasten schon mit arbeitslosen Männern und deren Bierflaschen teilen? Wer es sich leisten kann, zieht weg.“

„Eine Wahl mit den Füßen“, nennt das der Soziologe Uwe Walther. Diejenigen, die gehen, haben danach ein Problem weniger, die Gesellschaft aber eins mehr, ein ziemlich großes sogar. Denn plötzlich entstehen überall Stadtviertel, in denen kaum noch jemand wohnt, der Abitur hat. Viertel, in denen jeder zweite „arbeitslos“ sagt, wenn ihn jemand nach dem Beruf fragt. Viertel, in denen kaum noch ein Weg nach oben führt. Viertel für die Unterschicht.

Wenn ein Mensch es schafft, von unten aufzusteigen, wenn der Sohn eines Arbeitslosen zum Beispiel Arzt wird oder Ingenieur, dann wird es von Wissenschaftlern als „soziale Mobilität“ bezeichnet. In Deutschland ist sie ziemlich gering, niedriger als in den meisten anderen Industriestaaten. Hier haben vor allem diejenigen Erfolg, deren Eltern schon ziemlich wohlhabend waren. Die Angehörigen unterschiedlicher Schichten begegnen sich kaum noch. Kinder von Arbeitslosen spielen mit Kindern von anderen Arbeitslosen. Später gehen sie dann zusammen auf die Hauptschule. Ist es da eine Überraschung, wenn „Hartz IV“ zum Berufsziel wird? „Den Kindern in den Problemvierteln fehlen die sozialen Vorbilder“, sagt Walther. Es fehlt die Treppe, die die Unterschicht mit der Mittelschicht verbindet.

Es fehlt Oma Philippine. So hieß die freundliche ältere Dame in Siegen, die immer mit Mehmet Daimagüler, ihrem kleinen Nachbarjungen, Hausaufgaben machte. Der Junge ist inzwischen fast vierzig Jahre alt, gerade kommt er aus Dubai am Persischen Golf und hat viel zu tun. Trotzdem nimmt er sich Zeit zu erzählen, von seinem Studium, von Harvard, von seinem neuen job als Manager bei Conergy, einem Energieunternehmen, und einen Moment lang sieht es so aus wie eine klassische Managerkarriere: Man fängt oben an und steigt immer weiter.
Aber Mehmet hat eben nicht oben angefangen, sondern ziemlich weit unten, und ohne Oma Philippine wäre er auch dort geblieben. Sie half ihm bei den Hausaufgaben, gab ihm Bücher zu lesen und korrigierte seine Grammatikfehler. Mehmets Vater, ein Fabrikarbeiter, sprach kaum Deutsch, aber sein Sohn wurde in der Schule immer besser. Trotzdem sagte sein Lehrer: „Ein Türkenjunge gehört nicht aufs Gymnasium.“ Also ging Mehmet auf die Hauptschule. Dann auf die Realschule. Am Ende machte er doch noch das Abitur. Notenschnitt 1,41.

Dann kam eines zum anderen: Jurastudium in Köln, Aufbaustudium in Harvard, der Job als Unternehmensberater in den USA, der Wechsel zu Conergy. Mehmet ist jetzt ziemlich weit oben, aber wenn er zu Hause ist, in Siegen, dann geht er manchmal ein Bier trinken mit seinem Jugendfreund Kemal, der genau wie Mehmet einen Gastarbeiter zum Vater hatte und in einer billigen Mietwohnung aufwuchs. Aber der keine Oma Philippine hatte. Und was macht Kemal jetzt? Er ist Fabrikarbeiter…

Nach einem Artikel von Kerstin KOHLENBERG und Wolfgang ULCHATIUS

In: Die ZEIT, Nr. 35, 23. August 2007

I. VERSION (sur 20 points)

Traduire le titre et les paragraphes 2 et 3, depuis : „Meysenburg unterstreicht die hohe Zahl der Akademiker in diesem Viertel“ jusqu’à : „… Wer es sich leisten kann, zieht weg.“

II. QUESTIONS (sur 40 points)

1. Question de compréhension du texte

Inwiefern ist das Beispiel des Hamburger „Generalsviertels“ typisch für die soziale Entwicklung vieler Stadtteile in den heutigen Großstädten? (100 mots + ou – 10%* ; sur 10 points)

2. Question de compréhension du texte

Erklären Sie Mehmets Lebensgeschichte. Was war seine Chance? (100 mots + ou – 10%* ; sur 10 points)

3. Question d’expression personnelle

„Chancengleichheit“, eine Utopie? (300 mots + ou – 10%* ; sur 20 points)

*Le non-respect de ces normes sera sanctionné. (Indiquer le nombre de mots sur la copie après chaque question)

III. THÈME (sur 20 points)

Kouchner, star de la musique outre-Rhin

Les jeunes chanteurs de Tokio Hotel ont montré l’exemple en redonnant le goût de l’allemand aux jeunes Français. Mais les prochaines stars de la musique-pop allemande sont plus surprenantes puisqu’il s’agit des ministres des Affaires étrangères allemand et français. Lundi, F.-W. Steinmeier et B. Kouchner vont en effet chanter ensemble une chanson dont le titre est « Deutschland ». Cette nouvelle a été confirmée aussi bien à Paris que dans la capitale allemande.

Cet événement plutôt inattendu est organisé dans le cadre d’une campagne allemande pour promouvoir l’intégration. C’est d’ailleurs le thème du Conseil des ministres pour lequel B. Kouchner se rend à Berlin. La chanson, œuvre de jeunes Germano-Turcs, sera enregistrée dans un studio situé dans un quartier difficile de la capitale. Et la performance artistique des deux diplomates devrait être diffusée sur Internet.

B. Kouchner a trouvé cette initiative très originale et donné son accord assez rapidement.

D’après un article de Laurent SUPLY

lefigaro.fr 09.11.2007