Sujet Allemand LV2 CCIP 2010 Expression écrite

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Man ist, was man isst

Die schönsten Klischees finden sich heute immer noch bei der Ernährung: Denkt der Franzose an die deutsche Küche, dann sieht er vor seinem inneren Auge einen großen, dampfenden Teller, auf dem sich Würstchen, Sauerkraut, Kartoffelbrei, Knödel und Schnitzel stapeln. Schnecken, Froschschenkel, Baguette, Käse und Wein zaubert die deutsche Fantasie auf den französischen Esstisch. Ginge man nach dem Sprichwort »Man ist, was man isst«, dann wäre der Deutsche nach diesen Vorstellungen wohl fett und einfach, der Franzose hingegen dürr und extravagant.

Doch der Lauf der Zeit, neue Lebensrhythmen und nicht zuletzt die Globalisierung sind an den landestypischen Ernährungsweisen nicht spurlos vorbeigegangen. Vieles hat sich vereinheitlicht. Der Trend zu schnell zubereitbarem Essen – zum Convenient-Food – hat in Deutschland und Frankreich Einzug gehalten. Nichtsdestotrotz bleiben nationale und regionale Unterschiede bestehen.

Aus rein geografischen Gründen ist die deutsche Küche deftiger als die französische. Die nördlichere Lage zwang die Bewohner früher dazu, im Winter besonders reichhaltig zu kochen. Ihre Sättigungsbeilagen lieben die Deutschen auch heute noch sehr. Das Land ist allerdings zwiegespalten[[verschiedener Meinung]]: während der Norden einig Kartoffelland ist, wird der Süden von Knödeln, Spätzle und anderen Nudeln regiert. [….] Frankreich hingegen schätzt die Tradition. Egal ob auf dem Land oder in der Stadt: Ein gutbürgerliches Restaurant ist immer schnell gefunden und stets hoch frequentiert. Schnecken und Froschschenkel wird man allerdings auch hier nur selten auf der Speisekarte entdecken. Die klassische französische Küche ist einfach: Ein Ei mit Mayonnaise als Vorspeise, ein schönes Stück Fleisch als Hauptgericht und ein Früchtekompott zum Nachtisch – so sieht ein typisch französisches Menü aus.

Generell legen die Franzosen großen Wert auf gutes Essen und sind gerne bereit, dafür auch etwas mehr Geld auszugeben, während die Deutschen viel für wenig Geld vorziehen. Sobald die Finanzen knapper werden, spart man östlich des Rheins zuerst bei den Lebensmitteln.

Etwas paradox wirkt dieses Verhalten angesichts des Bio-Booms, der in den vergangenen Jahren in Deutschland ausgebrochen ist. Selbst Supermarktgiganten wie Aldi und Lidl kommen nicht mehr um Bioprodukte herum. Erklären lässt sich dieser Trend vielleicht mit dem ausgeprägten Umweltbewusstsein der Deutschen und einem durch die Gemüse- und Fleischskandale der vergangenen Jahre geschärften Misstrauen gegenüber der Lebensmittelqualität. Mit dem Erfolg wandelte sich auch das Image der Ökoszene. War das Wort Bio früher Synonym für Birkenstocksandalen, Aussteiger und Hippies, setzen die heutigen Produzenten oft auf eine junge, coole Vermarktungsstrategie. Sie haben verstanden, dass auch das Auge beim Kauf mitentscheidet. Vor allem die jüngere Generation lässt sich von den optisch ansprechenden Produkten locken.

Qualität erwartet man in Frankreich ganz besonders von einem Produkt: dem Käse. Man ist stolz auf die große Vielfalt und mit ein wenig Ironie verkündete Charles de Gaulle einmal, es sei unmöglich, ein Land zu regieren, das mehr als 365 Arten Käse anbietet. Ganz so umfangreich ist die Auswahl an französischen Käsetheken dann zwar doch nicht, aber ausreichend, um einen deutschen Besucher in Entscheidungsnot zu bringen. Exotisch wirkt auch der obligatorische Meeresfrüchtebereich, in dem meist noch einiges krabbelt und zappelt. Und das Angebot an Milchprodukten ist für deutsche Verhältnisse ebenfalls beeindruckend.

In Deutschland dagegen sorgt das Müsliregal für staunende französische Augen. Während das Frühstück in Frankreich eher stiefmütterlich behandelt wird – ein Bol Kakao oder Kaffee und eventuell ein Croissant reichen aus – wird es in Deutschland oft als »wichtigste Mahlzeit des Tages« bezeichnet. Besonders am Wochenende versammelt sich die ganze Familie gerne zum ausgedehnten Schlemmen.

Auch wenn die amerikanische To-Go-Mentalität in Europa zunimmt, hat das gemeinsame Essen beiderseits des Rheins nach wie vor einen hohen Stellenwert. In Frankreich spielt dabei der Aspekt des Teilens eine große Rolle. Es kommt nur ein Gericht auf den Tisch, das von allen gegessen wird. Mag man eine Zutat nicht oder ist man gar Vegetarier, wird es schwierig. Auch für die Kinder gibt es meist keine Ausnahme. Der Grundgedanke ist einfach: Essen soll Gemeinschaft und keine Unterschiede ausdrücken. In Deutschland sind es laut einer im Dezember 2002 veröffentlichten Studie über Essgewohnheiten in Europa dagegen oft gerade die Kleinen, die den Speiseplan der Familie bestimmen. Sie haben einen großen Einfluss auf die Mahlzeiten und bekommen meist sogar ein separates, kindgerechteres Essen zubereitet. […. ].

676 Wörter

Isabel Hummel

rencontres.de, 15.07.2008

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1. Welche Unterschiede in den deutschen und französischen Ernährungsgewohnheiten werden im Text hervorgehoben?

2. Zerstört Ihrer Meinung nach die Internationalisierung nationale Traditionen in Deutschland?