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Betreuungsgeld: Eine einfache Rechnung

100 Euro Betreuungsgeld sind 100 Euro mehr in der Haushaltskasse, so sehen das viele Eltern. Manche möchten länger bei den Kindern bleiben, andere wollen nicht arbeiten oder sind auf Privatbetreuung angewiesen. Bei Hartz-IV-Bezieherinnen drohen allerdings Jobchancen und Altersabsicherung auf der Strecke zu bleiben.

Diese 100 Euro Betreuungsgeld im Monat stehen für ein Lebensmodell, das in Berlin in diesen Wochen, wenn über Koalitionen verhandelt wird, mal wieder gründlich auseinandergenommen werden wird. Und was sagen die betroffenen Familien selbst dazu? Sie verfolgen das erneute Hick­ Hack um die « Herdprämie » ratlos bis resigniert – und investieren solange in Au-Pairs, in die Haushaltskasse oder eben in die Regale mit Kleinkindbedarf im Drogeriemarkt .

Seit dem 1. August, parallel zum Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für unter Dreijährige, ist der Anspruch auf Betreuungsgeld in Kraft getreten. Eltern, die ihre Kinder, die nach dem 1. August 2012 geboren sind, nicht in einer öffentlich geförderten Tagesstätte betreuen lassen, sondern sie entweder zu Hause erziehen oder sie in die Obhut von Verwandten, privaten Tagesmüttern und Au-Pairs geben, erhalten 100 Euro. Vom kommenden Sommer an werden 150 Euro ausgezahlt.

Nach einem schleppenden Start scheint nun, gut zwei Monate nach der Einführung der staatlichen Prämie, das Interesse der Eltern am Betreuungsgeld gestiegen zu sein. Nach Berechnungen der SPD gibt es 160.000 anspruchsberechtigte Kinder. Anfang September waren nach SZ-Recherchen erst 27.000 Antrage für Einjährige eingegangen. Eine Umfrage der Passauer Neuen Presse in 16 Bundesländern kam Anfang Oktober auf mehr als 50.000 Anträge. Mit gut 14.000 wurden die meisten Formulare in Nordrhein-Westfalen auf den Weg gebracht, in Bayern waren es knapp 12 000, in Baden-Württemberg 11 000.

In Hessen, wo etwa 5000 Anträge auf Betreuungsgeld registriert wurden, lebt Claudia M., 32 Jahre alt, Mutter von 13 Monate alten Zwillingsbrüdern sowie einer vierjährigen Tochter. Bis vor fünf Jahren arbeitete sie als Verkäuferin. Als ihre Filiale schloss, wurde sie arbeitslos, kurz darauf zum ersten Mal schwanger. Claudia M. will ihren Namen nicht in der Zeitung lesen und sagt fast schon trotzig: « Ich muss mich ständig dafür rechtfertigen, dass ich eigentlich so bald nicht mehr arbeiten will. » Denn sie hat für sich eine einfache Rechnung aufgemacht: Sie bekommt insgesamt 558 Euro Kindergeld. Dazu ein knappes Jahr lang zweimal 100 Euro Betreuungsgeld für die Zwillinge, von August nächsten Jahres an werden es ein Jahr lang zweimal 150 Euro sein. « So viel kann ich netto gar nicht selbst verdienen – und mein Mann zahlt schließlich die Miete », sagt die 32-Jährige.

Jobchancen und Altersabsicherung bleiben auf der Strecke

Mit Sorge hat die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros beobachtet, dass Hartz-IV­ Bezieherinnen vom Jobcenter zum Beantragen von Betreuungsgeld gedrängt würden. Flächendeckend würden Mütter durch Telefonakquise oder Rundbriefe aufgefordert, die staatliche Leistung zu beziehen, warnte der Verband, in dem sich Frauenbeauftragte aus ganz Deutschland zusammengeschlossen haben, die Bundesministerinnen Kristina Schröder und Ursula von der Leyen.

« Ein völlig falsches Signal für gerade jene Frauen, die besonders darauf angewiesen wären, mit Kursen wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert zu werden », sagt Beate Ebeling von der Arbeitsgemeinschaft. Eltern, die Hartz IV beziehen, wird das Betreuungsgeld von den sonstigen monatlichen Bezügen als sogenannte vorrangige Leistung abgezogen. Es macht für sie also keinen Unterschied, ob sie es beantragen. « Es ist lediglich ein unsinniges Umverteilen in staatliche Töpfe, um Statistiken zu schonen », sagt Ebeling. Die Jobchancen und die Altersabsicherung für Frauen aber blieben auf der Strecke.

Oft sprechen praktische Gründe gegen die Krippe

Eine Frau, die gar nicht erst versucht hat, die staatliche Prämie anzufordern, sie aber gerne hätte, ist Regine Meiss aus Augsburg. Sie ist 41 Jahre alt und Mutter von sechs Kindern. Es sind vier Jungs und zwei Mädchen zwischen einem und 15 Jahren, der Jüngste ist im Juli 2012 geboren. « Das ist ganz knapp am Stichtag vorbei und schon recht ärgerlich für uns. Das Geld hätten wir sehr gut gebrauchen können », sagt Regine Meiss. Die Augsburgerin ist eine Verfechterin des Betreuungsgeldes und entspricht so gar nicht dem Klischee, das in den vielen harten Debatten immer wieder von jenen Frauen verbreitet wurde, die sich für eine « Herdprämie » erwärmen können. Regine Meiss arbeitet als Anästhesistin in Teilzeit im Schichtdienst, ihr Mann ist Urologe. Sie hat ihren Job nie länger als ein Jahr unterbrochen. Die Familie würde das Betreuungsgeld zur Mitfinanzierung ihres Au Pairs verwenden. Die Kinder- und Haushaltshilfe aus dem Ausland kostet um die 400 Euro pro Monat. « Mein Mann und ich verdienen zwar beide, aber das wäre ein kleiner Zuschuss gewesen », sagt Meiss.

Für sie sind es ganz praktische Gründe, warum sie den Kleinsten nicht in die Krippe geben möchte: « Die Kita öffnet erst um 7.30 Uhr. Um diese Uhrzeit stehe ich oft schon im Operationssaal. » Die Anästhesistin betont, dass sie mit sechs Kindern immer einen « doppelten Boden » haben müsse und sich nie allein auf Krippe, Kindergarten oder Schule verlassen könne. Sie beklagt das « starre System », wünscht sich mehr Phantasie und « alternative Modelle » bei der Kinderbetreuung. Die sechsfache Mutter ist überzeugt: « Die Politik kann nicht steuern, wer zu Hause bleiben soll. So ist das gerade nichts Halbes und nichts Ganzes. »

Spiegel online, 4. Oktober 2013, Ulrike HEIDENREICH

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2. Warum wird Ihrer Meinung nach das Thema Kinderbetreuung in Deutschland so kontrovers diskutiert?