Sujet Allemand LV 1 Epreuve n° 2 BCE 2008

EXPRESSION ÉCRITE

ELITEN ARBEITEN WELTWEIT

Als am 20. Mai 2007 der Aufsichtsrat des krisengeschüttelten Siemens-Konzerns Peter Löscher zum Nachfolger des Vorstandsvorsitzenden Klaus Kleinfeld ernannte, brachen die Aufseher mit vielen Gepflogenheiten. Löscher war kein Siemensianer, im Haus und in der deutschen Wirtschaft gänzlich unbekannt. Kleinfeld musste den Konzern verlassen, durfte nicht wie bei deutschen Top-Unternehmen üblich seinen Vorgänger kontrollieren. Mit dem gebürtigen Österreicher kam zudem ein Manager zum Zuge, der wie kaum ein anderer deutscher Konzernlenker Managementerfahrung im Ausland gesammelt hat. Zwölf Jahre war der heute 50-Jährige für den Pharmakonzern Hoechst unter anderem ~n Spanien, Japan, Großbritannien und den USA tätig. Bei Siemens dürfte Löscher vor allem damit gepunktet haben, dass er zuletzt beim Siemens-Hauptkonkurrenten General Electric in den USA die Medizintechnik leitete, eine Sparte, die auch für Siemens zu den zukunftsträchtigsten zählt.

Grundsätzlich, da sind sich die Experten einig, spiele bei deutschen Top-Managern Auslandserfahrung wegen der zunehmenden Globalisierung eine immer wichtigere Rolle. « Insgesamt haben drei Viertel der DAX-Vorstände für mehrere Jahre im Ausland gearbeitet », sagt Christoph Lesch, Senior Consultant bei Simon-Kucher & Partners. Besonders in der Chemie-, Pharma- und Medizintechnikbranche sei der Blick über den Tellerrand durchaus gefragt, hat eine jüngst veröffentlichte Studie des Bonner Beratungsunternehmens ergeben.

« Auslandserfahrung ist sicher gut, aber es kommt entscheidend darauf an, was ein Manager im Ausland bewirkt hat. Nachhaltige Ergebnisse sind entscheidend, also beispielsweise die Etablierung eines neuen Geschäftsbereichs oder die Führung einer Tochtergesellschaft aus der Verlust- in die Gewinnzone », sagt Jörg Ritter von der Personalberatung Egon Zehnder International, Berlin. Dass ein erfolgreicher Auslandseinsatz der Karriere sehr dienlich sein kann, zeigt das Beispiel von Nikolaus von Bomhard, seit 2004 Vorstandsvorsitzender der Münchener Rück. Der promovierte Jurist, der schon als Trainee bei der Rückversicherung startete und nie das Unternehmen wechselte, übernahm 1997 die Außenstelle im brasilianischen Sao Paulo. Den Aufbau leitete er offenbar so erfolgreich, dass er im Jahr 2000 im Alter von nur 44 Jahren zum Mitglied des Vorstandes in München bestellt wurde.

« Von einer wirklichen Internationalisierung in dem Sinne, dass man sich in fremde Kulturen einlebt und intensivere persönliche Kontakte knüpft, kann aber noch nicht die Rede sein », ist hingegen Elitenforscher Michael Hartmann überzeugt, der Soziologie an der TU Darmstadt lehrt. Denn in erster Linie hätten Auslandserfahrungen von bis zu zwei Jahren an Bedeutung gewonnen, die längeren dagegen nur geringfügig. Während in den 100 größten Konzernen von den älteren Top-Managern knapp 30 Prozent mehr als zwei Jahre im Ausland verbracht hätten, seien es bei den Jüngeren mit knapp 14 Prozent nicht einmal halb so viele. Wie ihre britischen Kollegen verbringen die Deutschen die meiste Zeit ihrer Auslandstätigkeit in den USA […].

Weiterer Trend: Im Zuge von Fusionen und Expansion ins Ausland rücken immer mehr Top-Manager mit ausländischem Pass an die Spitze deutscher Unternehmen. [… ] In 80 Prozent der DAX-Konzerne sitzt mindestens ein ausländischer Vorstand, im Jahr 2000 waren es erst 53 Prozent. So führt mit Josef Ackermann ein Schweizer das größte deutsche Geldhaus, die Deutsche Bank. Der Österreicher Wolfgang Mayrhuber lenkt die Lufthansa, der Schwede Hakan Samuelsson steuert den Nutzfahrzeughersteller MAN und der Däne Kasper Rorsted wird im April 2008 an die Spitze des Konsumgüterriesen Henkel rücken, während bei RWE der Niederländer Harry Roels demnächst für den Deutschen Jürgen Großmann Platz macht. Unter sich bleiben die Deutschen nur bei Bayer, BMW, e.on, Infineon, SAP und Thyssen-Krupp. « Seit 2004 sind ein Drittel der vakanten Vorstandsposten mit Ausländern besetzt worden », sagt Lesch von Simon Kucher. Besonders gefragt seien Amerikaner und Österreicher, die 13 bzw. sieben der Vorstandsposten stellten. Inwieweit sich eine bunte Mischung aus Deutschen, Europäern und Amerikanern positiv auf den Geschäftserfolg auswirkt oder auswirken kann, sei nicht ermittelt worden, so Lesch.

Vor allem in Konzernen mit einem extrem hohen Auslandsumsatz ist das Geschäft mittlerweile so global, dass es eigentlich gar keine Rolle mehr spielt, aus welchem Land ein Manager kommt. So wird die Thyssen-Krupp Fördertechnik in Essen von einem Ägypter gelenkt. […]

« Der Schein trügt », meint hingegen Elitenforscher Hartmann, der in seinem gerade erschienen Buch « Eliten und Macht in Europa » die Internationalisierung in den europäischen Konzernen analysiert. Sein Fazit: « Von einer wirklichen Internationalisierung oder Europäisierung, bei der Briten, Franzosen oder Spanier deutsche Großunternehmen führen, kann man nicht sprechen. »

Unter den Vorstandsvorsitzenden der 100 größten deutschen Unternehmen befänden sich immerhin neun, die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besäßen. Gegenüber 1995, wo es nur zwei gewesen seien, sei dies zwar eine enorme Steigerung. Doch die meisten von ihnen stammten aus benachbarten Ländern mit gleichen oder ähnlichen kulturellen Traditionen wie Österreich, Schweiz und Niederlande und hätten ihr Studium zum Teil schon komplett in Deutschland absolviert. […]

Die Internationalisierung der Eliten nimmt mittelfristig aber weiter zu, ist Hartmann überzeugt. In die Vorstände deutscher Konzerne würden noch mehr Ausländer rücken, jedoch würden diese meist aus benachbarten Kulturkreisen kommen. Zudem würden künftig auch in Deutschland wie bereits heute in den USA mehr Frauen an der Spitze mitmischen. […]

797 mots

Eli Hamacher WELT ONLINE – 29. September 2007

Répondre en ALLEMAND aux questions suivantes : (environ 250 mots pour chaque réponse)

1) Was zeichnet unsere Eliten in zunehmendem Maße aus?

2) Worin besteht Ihres Erachtens ein « erfolgreicher » Auslandsaufenthalt in persönlicher und beruflicher Hinsicht?